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Antriebstechnologie, City-Logistik

Francois Savoye, Vice President E-mobility Solution Offer
Interview

Interview mit Renault Trucks zu unseren zwölf neuen E-LKW

13. Dezember 2022

Seit Sommer 2022 sind bei Planzer zwölf E-Lkws von Renault Trucks auf Achse. Sie kommen vor allem in der City-Logistik zum Einsatz. In welchem Tempo die Elektrifizierung von Kraftfahrzeugen voranschreitet und welche Chancen sowie Risiken damit verbunden sind, erfahren wir im Gespräch mit unserem Kompetenzpartner Renault Trucks.

Francois Savoye, Vice President E-mobility Solution Offer
// Planzer: Wie viel CO2 spart man mit einem E-Truck ein im Vergleich zu einem Diesel-Lkw der neusten Generation?
Francois Savoye: Der Schweizer Strom ist einer der besten und am wenigsten kohlebasierten Stromsorten in Europa. Damit lassen sich die durchschnittlichen Well-to-Wheel-Emissionen1 eines 16-Tonnen-Verteilerlastwagens um über 80% reduzieren. Im Jahr 2022 emittiert ein 16-Tonnen-Elektro-Lkw 132 g CO2/km. Zum Vergleich: Ein 16-Tonnen-LKW mit Dieselkraftstoff (einschliesslich 5% Biokraftstoff) stösst 837 g CO2/km aus. Mit anderen Worten: Man vermeidet mit dem Elektro-Lkw gute 700 g CO2 pro gefahrenem Kilometer.
  • // Weshalb sollen die Wartungskosten bei einem E-Truck günstiger sein als bei einem Dieseltruck?
    Elektro-Lkws haben weniger bewegliche Teile als herkömmliche Dieseltrucks. Weniger bewegliche Teile bedeuten einen geringeren Verschleiss, der durch eine geringere Menge an Flüssigkeiten verstärkt wird. Daher ist die Wartung eines E-Lkws billiger als die eines Dieseltrucks.
  • // Welche neuen Batterietechnologien sind zu erwarten?
    Batterien haben sich erheblich weiterentwickelt und werden das auch in Zukunft tun. Sie bieten eine höhere Energiedichte, eine bessere Lebensdauer, eine höhere Nachhaltigkeit und niedrigere Kosten. Neben den bereits bekannten Chemikalien wie NMC, NCA oder LFP werden derzeit in den Labors alternative Technologien wie Lithium-Luft oder Lithium-Sulfur getestet. Solche Kombinationen bergen ein vielversprechendes Potenzial für unsere Anwendungen. Zur Erinnerung: Die ersten Lithium-Ionen-Batterien wurden 1990 entwickelt. Es wird also noch einige Zeit dauern, bis die neuen Technologien für Kraftfahrzeuganwendungen ausgereift sind.
  • // Welche Antriebsarten könnten sich alternativ zum batterieelektrischen Antrieb durchsetzen?
    Wir von Renault Trucks setzen auf den Energiemix. Demnach bestehen weiterhin verschiedene Technologien nebeneinander auf dem Markt. Obwohl elektrische Technologien wie batterieelektrisch und wasserstoffbetrieben unsere Branche dominieren, wird es immer einen kleinen Anteil Verbrennungsmotoren geben, die entweder mit erneuerbaren Kraftstoffen oder Wasserstoff betrieben werden, insbesondere für anspruchsvolle Anwendungen oder Spezialbereiche. Wir glauben jedoch, dass batterieelektrische Fahrzeuge den Hauptanteil ausmachen werden. Sie bieten derzeit den effizientesten Dekarbonisierungspfad zu vernünftigen Kosten.

  • // Wie werden sich die Reichweiten pro Batterieladung entwickeln?
    Sie werden im Laufe der Zeit weiter steigen, unterstützt durch die wachsende Energiedichte der Batterien. Das öffentliche Ladenetz entwickelt sich weiter und wird immer leistungsstärker. Es wird die Lkw-Betreiber unterstützen, indem es die erforderliche Flexibilität im täglichen Betrieb bietet. Der Wettlauf um die Reichweite ist unserer Ansicht nach problematisch. Denn die beste Reichweite ist nicht unbedingt die grösste, sondern diejenige, die dem Bedarf des Lkw-Betreibers am besten entspricht. Mehr Batterien zu haben als für den Einsatz erforderlich, wirkt sich auf die Masse des Fahrzeugs und damit auf seine Effizienz und Produktivität aus, bindet aber auch Kapital, ohne einen Mehrwert zu schaffen. Bis 2025 werden die meisten OEMs elektrische Zugmaschinen mit 500 km Reichweite anbieten, die dank einer 45-minütigen Schnellladung mit 750 kW während der Mittagspause auf 1 000 km erweitert werden können.
  • // Wie gross ist die «Lebenserwartung» eines Elektrolastwagens hinsichtlich Laufleistung, Alter und kritische Bauteile?
    Die Lebensdauer einer Batterie hängt eng mit dem Anwendungsfall zusammen. Im Durchschnitt liegt sie zwischen 6 und 10 Jahren, je nach Einsatzgebiet. Wir bei Renault Trucks bieten Serviceverträge an, die den Lkw-Betreiber bis zu 10 Jahren vor einem Ausfall schützen.
  • // Wie nachhaltig ist die Herstellung moderner Energiesysteme wie der Lithium-Ionen-Batterie?
    Jede Technologie hat ihre Herausforderungen. Für die Batterieindustrie ist es die Rohstoffversorgung/Produktion. Uns ist es ein grosses Anliegen, die Auswirkungen des Abbaus und der Verarbeitung von Mineralien zu minimieren. Erstens führen wir wiederholt Due-Diligence-Prüfungen durch, um die ökologischen und sozialen Auswirkungen des Abbaus, zum Beispiel von Kobalt, zu überprüfen. Zweitens arbeiten wir in internationalen Arbeitsgruppen mit, um Bergbaukennzeichnungen zu erstellen, die Teil des zukünftigen Batteriepasses sein werden. Und drittens integrieren wir Mineralien aus dem Tagebau in unsere Batterien.
  • // Wie sicher sind die Lithium-Ionen-Energiesysteme im Fall eines Unfalls oder eines Brandes?
    Sicher. Die Sicherheitsrisiken werden einerseits durch die Konstruktion verringert und andererseits durch Tests überprüft. Die Konstruktion besteht unter anderem aus Steuereinheiten, die Spannungen und Temperaturen überwachen, um im Falle einer defekten Zelle einen Teil der Batterie abzuschalten. Ausserdem beugen starke Batteriehalterungen einem Absturz vor. Die Verifizierungstests folgen dem gesetzlichen Code ECE R100.01. Darin sind Feuer-, Crash-, Kurzschlusstests und viele andere Tests enthalten.

  • // Welche Herausforderungen müssen Transportunternehmen bewältigen?
    Eine ganze Reihe. Erstens bergen alternative Antriebe aus finanzieller Sicht neue Risiken und andere Investitionsauswirkungen. Aus betrieblicher Sicht bedeuten neue Technologien eine neue Art und Weise, die Fahrzeuge zu betreiben. Aus menschlicher und kultureller Sicht erfordert dieser Wandel neue Kompetenzen, stellt aber auch die Struktur traditioneller Geschäftsmodelle in Frage.
  • // Wie gross soll der prozentuale Anteil E-Trucks im Vergleich zu den Diesel-Trucks einer Lkw-Flotte Ihrer Ansicht nach sein?
    Das lässt sich nicht generell beantworten. Es ist jedoch klar, dass es in einem Land wie der Schweiz, in dem Elektrizität die geringsten CO2-Emissionen in Europa verursacht, bei der derzeitigen Besteuerung fossil betriebener Fahrzeuge sinnvoll ist, einen Hauptteil des Fuhrparks in den kommenden Jahren auf elektrische Antriebe umzustellen.
  • // Wie werden sich die Preise der E-Trucks zukünftig entwickeln?
    Die Preise für Elektrofahrzeuge werden wahrscheinlich sinken, wodurch sich die Kosten für die Dekarbonisierung schrittweise senken lassen. Natürlich wirft der aktuelle Kontext der Inflation und der allgemeinen Spannungen in der Lieferkette Fragen über das Ausmass dieses Preisrückgangs auf. Aber es ist klar, dass die Hersteller dank Skaleneffekten ihre Elektrofahrzeuge immer günstiger anbieten können.
  • // Wie sieht Ihr Batterie-Recycling aus?
    Die Volvo-Gruppe hat die neue Business Unit namens ‹Volvo Energy› geschaffen, die bei der Einführung der Kreislaufwirtschaft für Batterien eine wichtige Rolle spielt. Nach ihrem ersten Einsatz im Fahrzeug wird die Batterie in unseren Werken aufgearbeitet oder vollständig wiederaufbereitet, um sie in einem anderen Fahrzeug einzusetzen. Wenn die Energiedichte der Module zu gering wird, werden sie in stationären Anwendungen für das Netzmanagement eingesetzt. Und wenn die Zellen schliesslich absterben, werden sie zu mindestens 70% für Lithium und zu 94% für Nickel, Kobalt und Kupfer recycelt. Damit entsprechen wir der künftigen europäischen Batterieverordnung, die allerdings noch nicht vollständig umgesetzt ist.

  • // Wie sieht der Secondhand-Markt für E-Lkws aus und wie wird er sich entwickeln?
    Noch gibt es keinen Gebrauchtmarkt für Elektro-Lkws. Aufgrund der langen Lebensdauer der Ausrüstungen, der zunehmenden Bedeutung von Kreislaufwirtschaft als Kern unseres Geschäftsmodells und der Tatsache, dass die Batterien ein attraktives Wertaufbewahrungspotenzial aufweisen, spielen wir von Renault Trucks eine aktive Rolle bei der Etablierung dieses Marktes.
  • // Was halten Sie von Wechselakkus, also Akkutausch statt Schnellladung?
    ‹Battery Swapping› ist in China bei elektrischen Baufahrzeugen sehr beliebt. Bei Renault Trucks prüfen wir derzeit die Möglichkeiten für Langstrecken-Lkws. Es hat den Vorteil, dass die Energie in 5-10 Minuten nachgeladen werden kann und dass die Batteriewechselstation die Batterie dann auflädt, wenn der Strom am billigsten ist. Es erfordert jedoch hohe Investitionen in Batteriewechselstationen und zusätzliche Batterien. Und es erhöht leicht die Alterung der Batterien. Wir gehen davon aus, dass die Kosten pro Kilometer höher sein werden als bei Schnellladestationen. In ein paar Monaten wissen wir mehr.

Danke, Francois Savoye, für das interessante Interview.

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